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Was Deutschland von Kanada lernen kann

Zuerst einmal Hallo an alle, ich bin Felix Weis, neuer Autor für die Sphinx. Ich hatte vor einigen Wochen das Vergnügen einen zehnwöchigen Schüleraustausch nach Kanada unternehmen zu dürfen. Über den Weg dorthin, meine Erfahrungen und vor allem über Dinge, bei denen sich Deutschland eine Scheibe von Kanada abschneiden könnte, möchte ich hier berichten.

Nachdem ich den Auswahlprozess durchlaufen hatte, über den Ihr hier mehr erfahren könnt, war dann die Kontaktaufnahme mit meinem Austauschpartner Liam und das angespannte Warten auf den Reiseantritt angesagt. Schließlich war es am 25. August dann soweit, unser zehnstündiger Flug nach Vancouver, der Hauptstadt British-Columbias, startete pünktlich in Frankfurt. Der Abschied von unseren Eltern war zwar nicht leicht, die Vorfreude auf die bevorstehende Zeit überwog dann aber letztendlich. Für mich und drei andere ging die Reise dann noch weiter nach Prince George, die letzte große Stadt in Richtung Norden, viele blieben aber auch in Vancouver oder flogen ebenfalls weiter in eine Stadt namens Kelowna. Das erste Treffen mit der Gastfamilie war danach sehr aufregend, zum Glück verstand ich mich mit ihr sehr gut. Ähnliches habe ich auch von vielen anderen gehört, das Ministerium scheint gute Arbeit bei der Zuteilung geleistet zu haben. In der ersten Woche war erstmal Zeit für mich, mich einzurichten, an die Umgebung zu gewöhnen, Freund*innen meines Austauschpartners und der Familie kennenzulernen aber vor allem mich in der Schule anzumelden und meine Kurse zu wählen, da der Schulbesuch der Fokus dieses Austausches sein soll. An dieser Stelle ist ein Exkurs zum Schulsystem der Secondary-School in Kanada angemessen, da dieses viele Unterschiede zum Deutschen aufweist.

Beispielsweise beginnt die weiterführende Schule dort erst mit der achten Klasse im Gegensatz zur fünften Klasse bei uns. Vor allem ist aber die Kurswahl fundamental anders. Zu Beginn jeden Schuljahres wählt jede*r Schüler*in acht Kurse von denen jeweils vier in einem Halbjahr belegt werden, einige der Kurse sind Pflichtfächer andere sind freiwillig. Diese sind interessant, da sie für uns Deutsche sehr besonders sind, es gibt zum Beispiel Fächer wie Food Studies oder Culinary Arts, also Kochunterricht aber auch Wood- oder Metalworks, also handwerkliche Fächer. Jedoch gibt es auch bei den Pflichtfächern solche wie Carrer-Life-Work, ein Fach in dem man unter anderem lernt, wie man seine Steuern macht (!). Die je vier Fächer hat man dann in der gleichen Abfolge jeden Tag von etwa 8:40 Uhr bis 15:00 Uhr. Dies ist die erste Stelle, an der man sich in Deutschland etwas abschauen könnte. Es ist Zeit von Schule bestehend nur aus den altbackenen, akademischen Fächern Abkehr zu finden.

Ich traf die Auswahl auf Food Studies, Robotics, Environmental Science und Gym. Food Studies ist der oben erwähnte Kurs, in dem man verschiedene Kochfähigkeiten lernt und mit diesen Gerichte aus aller Welt kocht. Robotics ähnelt Informatik, nur dass man noch Roboter zum Fahren bringt. Environmental Science ist wie Erdkunde und Gym ist einfach Sportunterricht. Robotics langweilte mich schnell, weshalb ich zu Culinary Arts wechselte, der Kochkurs, in dem man für die Schulmensa kocht. In beiden dieser Kurse hatte ich dieselbe Lehrerin, eine der nettesten Menschen, die ich je kennenlernen durfte. Dies ist eine wiederkehrende Erscheinung, die Menschen, egal ob erwachsen oder auch jugendlich, sind deutlich netter, offener und gastfreundlicher als die Deutschen. Im Sportunterricht haben wir dann jeden Tag gespielt und dabei viele verschiedene Sportarten ausprobiert, was sehr lehrreich war, auch etwas was in Deutschland verändert werden muss. Anstatt auf vollkommen sinnbefreite Übungen auf Note, sollte der Fokus auf dem Spaß und Teamgeist liegen, etwas, was die Kanadier*innen auf jeden Fall haben; Sport spielt eine große Rolle im Schul- und Privatleben, anders als hier. Auch scheint es mir so, dass das Notensystem in Kanada wesentlich humaner und schüler*innenfreundlicher ist, was den Schulalltag definitiv verschönert. Letztlich ist noch zu erwähnen, dass dieses Schulsystem eine Vermischung von Schüler*innen zwischen den Klassenstufen ermöglicht, was den Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl erheblich fördert. Dies kombiniert mit den oft stattfindenden Volleyball- oder Basketballmatches, bei denen die ganze Schule das Schulteam von den Bleachern aus anfeuert, ergibt das für mich diesen ”Highschool-Spirit”, von dem in Deutschland jede Spur fehlt. Auch deswegen fehlt mir die Zeit dort so sehr, auch wenn es “nur” zehn Wochen waren und der Austausch schon über zwei Monate vorbei ist.

Deswegen bleibt für mich nur noch einen Appell an jede*n, der*die das hier gelesen hat auszusprechen. Wenn Du ein*e Schüler*in bist und Dir die Möglichkeit geboten wird, an diesem Austausch teilzunehmen, zögere nicht und tu es. Es ist mit Abstand das Beste, was Dir vor allem in so jungen Jahren passieren kann; es wird Dich für immer positiv prägen – zumindest war es für mich so. Und an etwaige Lehrer*innen: Wenn es in Ihrer Macht steht, einem*r Schüler*in auf diesen Wege zu unterstützen, tun sie es. Er oder sie wird Ihnen dafür sehr dankbar sein.

Dich interessiert, wie die Auswahl abläuft? Dann ist dieser Artikel der Richtige für Dich!

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