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6 bei vergessenen Hausaufgaben?

Rechtslage in Rheinland-Pfalz

Eine der zentralsten Fragen des Schulalltags, wir stellen es ein für alle mal klar. Viele Lehrkräfte vergeben Striche bei vergessenen Hausaufgaben, beim dritten Strich gibt’s dann ein ungenügend. Andere sind noch extremer und tragen direkt eine 6 ein.

Wir hatten bereits in unserem Artikel „Was eure Lehrkräfte (nicht) dürfen“ auf die wichtigsten Punkte zu HÜs und Klausuren hingedeutet. Auch dort solltet ihr unbedingt vorbeischauen.

Aber nun zurück zur Frage. Die kurze Antwort: Eine 6 bei vergessenen Hausaufgaben ist, zumindest im Bundesland Rheinland-Pfalz, illegal. Dies gilt auch für die „3-Striche-Regel“. Doch es lohnt sich, den Grund dahinter zu betrachten, denn die Rechtslage dahinter wirkt sich nicht nur auf vergessene Hausaufgaben aus.

Generell dürfen Hausaufgaben meistens nicht benotet werden

Dass es bei vergessenen Hausaufgaben keine sechs geben darf, liegt unter anderem daran, dass Hausaufgaben generell nur unter ganz bestimmten Bedingungen benotet werden dürfen. Mehr zu den Ausnahmen gibt es weiter unten. Das unangekündigte Einsammeln von Hausaufgaben ist jedoch nie zulässig.

Auf dem Portal anwaltsauskunft.de erklärt Dr. Matthias Rückdäschel, Schulrechtsexperte und Mitglied im Deutschen Anwaltsverein (DAV): „Man geht (…) davon aus, dass [Hausaufgaben] nicht zu den Nachweisen des Leistungsstandes im Sinne des Gesetzes gehören“.[1]https://anwaltauskunft.de/magazin/gesellschaft/bildung-forschung/lehrer-duerfen-hausaufgaben-der-schueler-nicht-benoten

Bewertung wäre unfair

In der Schule sollen nur objektiv erbrachte Leistungen zählen. Das heißt, dass jeder unter den selben Bedingungen geprüft wird. Bei Klausuren, HÜs oder 10-Stunden-Tests passiert das durch Kontrollen. Hilfsmittel sind nicht erlaubt, es wird nur das eigene Wissen geprüft. Bei Hausaufgaben ist das jedoch ganz anders, sie sind nicht wirklich objektiv.[2] … Continue reading

Es fehlt nicht nur eine Kontrolle, sondern auch die Chancengleichheit ist nicht gegeben. Denn Schüler*innen, deren Eltern Zeit und Wissen haben, werden deutlich bevorzugt. Auch die Recherchemöglichkeiten sind zu Hause nicht gleich. So wirkt sich auch der familiäre und soziale Stand direkt auf die Note aus. Denn wie Studien beweisen, hängt die Bildung der Schüler*innen maßgeblich vom Vermögen der Eltern ab.[3]https://www.welt.de/wissenschaft/article13767391/Sozial-schwache-Schueler-bekommen-schlechtere-Noten.html

Überprüfung und Auswertung erlaubt

Die Lehrkräfte dürfen jedoch Hausaufgaben „überprüfen“ und „auswerten“. Die Hausaufgabe an sich darf dann aber eben nicht benotet werden, hier darf nur notenfrei der Lernstand der Schüler*innen überprüft werden, um beispielsweise den Lernstoff daran auszurichten.

§51 (3) Hausaufgaben werden in der Regel im Unterricht besprochen und zumindest stichprobenweise überprüft.

Übergreifende Schulordnung

HÜs nicht betroffen

Bei schriftlichen oder mündlichen Hausaufgabenüberprüfungen (HÜs) bleibt jedoch alles beim Alten. Denn hier werden nicht die Hausaufgabe an sich benotet, sondern das Wissen dahinter. Diese dürfen durchgeführt werden und sind auch im Schulgesetz so eingetragen. Dennoch gelten auch hier viele Bedingungen, an die sich viele Lehrkräfte leider nicht halten. Die wichtigsten Informationen dazu findet ihr in unserem Artikel: „Was eure Lehrkräfte (nicht) dürfen„“

Hausaufgaben dienen der Nach- und Vorbereitung des Unterrichts und unterstützen den Lernprozess. Sie werden in der Regel im Unterricht besprochen und zumindest stichprobenweise überprüft. Diese Hausaufgabenüberprüfungen können in der nächsten Unterrichtsstunde  in mündlicher Form oder schriftlicher Form durchgeführt und dann auch benotet werden.

Henning Henn, Pressesprecher Bildungsministerium Rheinland-Pfalz

Das bedeutet konkret, dass die Hausaufgaben als solches nicht benotet werden dürfen. Abfragen, die auf dem Inhalt der Hausaufgaben basieren, jedoch schon.

Unsere Anfrage ans Ministerium

Aufgrund des Föderalismus und um wirklich alle Zweifel zu beseitigen, haben wir noch einmal konkret beim rheinland-pfälzischen Bildungsministerium angefragt und eine eindeutige Antwort erhalten:

(…) Was nicht zulässig ist, ist eine nicht erledigte Hausaufgabe ohne eine solche Überprüfung  mit einer Note „ungenügend“ in die Fachnote einfließen zu lassen. Allerdings kann sich ein solches Verhalten auf die Mitarbeitsnote auswirken.

Henning Henn, Pressesprecher Bildungsministerium Rheinland-Pfalz

Angekündigtes Einsammeln

Kündigt die Lehrkraft das Einsammeln und Benoten einer Hausaufgabe an, ist die Benotung zulässig. Dies gilt jedoch nur für Hausaufgaben, die nicht anders mündlich oder schriftlich abgefragt werden können.

Wenn eine Hausaufgabe dagegen in einer eigenständigen schriftlichen Ausarbeitung besteht, die nicht durch ein schriftliches oder mündliches Abfragen überprüft werden kann, z. B. eine Erörterung oder ein schriftliches Referat  zu einem bestimmten Thema, dann dürfen diese Hausaufgaben auch eingesammelt und benotet werden. Eine solche Hausaufgabe muss dann aber auch als schriftliche Leistungsüberprüfung so angekündigt worden sein.

Henning Henn, Pressesprecher Bildungsministerium Rheinland-Pfalz

Fazit

Eine direkte Notenvergabe bei einer oder nach mehrerer vergessener Hausaufgaben ist nicht zulässig. Dies kann jedoch in die Mitarbeitsnote einfließen, jedoch sollte auch hier die Verhältnismäßigkeit gelten. Ein unangekündigtes Einsammeln von Hausaufgaben ist ebenfalls nie legal. Wenn eine Abfrage nicht anders möglich ist, wie bei speziellen schriftlichen Ausarbeitungen (z.B. Erörterungen oder Analysen) und das Einsammeln angekündigt wurde, ist die Benotung von Hausaufgaben erlaubt. Gerne dürft ihr im Konfliktfall auf diesen Artikel verweisen, für Rückfragen stehen wir auch bereit.

Die komplette Presseanfrage

Mick Leinz

Machte März 2020 sein Abitur am Kurfürst-Salentin-Gymnasium, hilft jedoch gelegentlich aus. Studiert nun im vierten Semester Jura an der Universität zu Köln.

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